Seelsorge im Malteserstift und in der Marianne-Strauß-Klinik, Teil. 1

Malteser Stift St. Josef, Percha

Beitrag von Dr. Burgkard Döpfner

Selig, die Verständnis  zeigen für meinen stolpernden Fuß und meine lahmende Hand.

Selig, die begreifen, dass mein Ohr sich anstrengen muss, um alles aufzunehmen, was man zu mir spricht.

Selig, die zu wissen scheinen, dass meine Augen trüb und meine Gedanken träge sind.

Selig, die mit freundlichem Lächeln verweilen, um ein wenig mit mir zu plaudern.

Selig, die niemals sagen: “Das haben Sie mir heute schon zweimal erzählt.”

Selig, die mich erfahren lassen, dass ich geliebt, geachtet  und nicht allein gelassen bin.

Selig, die in ihrer Güte die Tage die mir noch bleiben erleichtern.

Diese Seligpreisungen kommen aus Afrika. Sie könnten auch von Bewohnern des Malteserstifts formuliert sein. Ich darf Ihnen, liebe Leser, ein Stück von meiner Arbeit und Erfahrung als Seelsorger, in den beiden Einrichtung, die sich auf dem Gebiet unserers Pfarrverbandes Aufkirchen befinden, vorstellen.

St. Bonaventura Kapelle, Malteser Stift, Percha

Ich beginne mit dem Malteserstift, wo ich seit 2015 tätig bin. Hier ein paar Sätze zum Haus:

Das Malteserstift beinnhaltet im Bereich der Pflege 135 Pflegeplätze, davon sind 135 Betten in Einzelzimmern und 30 Betten in Doppelzimmern.

Des Weiteren gibt es 16 Wohnungenmit Service für 1-2 Personen. Die Bewohner dieser Service- Wohnungen nehmen an den Angeboten des Stifts teil, werden aber seit der Zertifizierung im Januar 2016, bei Pflegebedarf, nicht mehr vom Pflegepersonal des Hauses versorgt, sondern ausschließlich vom ambulanten Pflegediensten.

Der Schwerpunkt meiner Seelsorger liegt in der Begleitung der Bewohner in Einzelgesprächen. Ich bin beeindruckt, verschiedenste Lebens- und Leidensgeschichten zu hören und staune, wie jeder doch seinen eigenen Lebensweg geht und ihn aufs Ganze gesehen, meistert. Jeder – ohne Ausnahme – könnte ein hochspannendes Buch über sein Leben schreiben. Ich muss sagen: Je länger ich es mit unseren Senioren zu tun habe, desto mehr steigt meine Ehrfurcht vor den Menschen und stärkt meine Zuversicht, dass unser Herrgott unser Leben im Verborgenen begleitet und trägt.

Besondere Freude bereitet mir der Gesprächskreis, sowohl im Malteserstift als auch im Pflegeheim der Marianne-Strauß-Klinik. Da sprechen wir miteinander über alle möglichen Themen, die uns bewegen – über biblische Themen und auch über Fragen, die uns das Leben stellt. Kürzlich hatten wir uns ein spannendes Thema vorgenommen: „Der erste Kuss“. Ich denke da so gerne an eine Bewohnerin, die bei ihrem 90. Geburtstag ihrer Tochter gegenüber freudstrahlend  äußerte: „Beim nächsten Gesprächskreis werden wir uns mit Herrn Döpfner über unseren ersten Kuss austauschen“. Ein pfiffiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Die Tochter entgegnete: „Da komme ich auch mit“. Doch leider verstarb die Bewohnerin vor der nächsten Gesprächsrunde. Wir haben ihrer bei der Sitzung gedacht und dieser Gesprächskreis war eine der spannendsten Begegnungen, die wir miteinander erlebten. Es wurde mir da bewusst: Welch vitale Lebensenergie im Menschen steckt, welch herrliche Lebensfreude aufflackerte, als die Bewohner von ihren ersten zarten Annäherungen an das andere Geschlecht erzählten, aber auch von ihren großen Ängsten erzählten, wie zur damaligen Zeit jede Annäherung streng überwacht und oft auf drakonische Weise sanktioniert wurde und welch schreckliche Ängste sie heimsuchten, zum Beispiel, dass aus dem ersten Kuss eventuell eine Schwangerschaft entstehen könnte und wie sie damit mutterseelenallein fertig werden mussten.

Die Bewohner und ich, wir sind sehr dankbar, dass die Priester es ermöglichen, dass im Seniorenheim Malteserstift noch weiterhin jeden Samstag um 16.00 Uhr eine Eucharistiefeier in der Bonaventura-Kapelle gefeiert werden kann. Herr Pfarrer Fürstenberger hat sich bereit erklärt, möglichst jeden Samstag mit unseren  Bewohnern einen Gottesdienst zu feiern. Mit Herrn Pfarrer Fürstenberger sind wir gesegnet, weil er es versteht, ganz im Sinne unseres Papstes Franziskus, die barmherzige Güte und unvorstellbar große Liebe Gottes allen Bewohnern in Wort und Tat spürbar erleben zu lassen. Denn nach dem Tod von Herrn Pfarrer Jobst war die Sorge groß, dass künftig eine Eucharistiefeier am Wochenende wegen des Priestermangels nicht mehr  ermöglicht werden kann. Ich erinnere mich, wie nicht wenige Bewohner nahezu darum flehten, dass weiterhin am Wochenende  ein Gottesdienst möglich sein kann. Da war deutlich spürbar: Der Sonntag ist der „Tag des Herrn“ .  Manche Bewohner sagten: „Ein Sonntag ohne Gottesdienst ist für mich kein Sonntag“. Das hat mich sehr beeindruckt. Da spürte ich, wie für viele Bewohner der sonntägliche Gottesdienst ein Stück spirituelle und geistliche Heimat ist. Wenn alte Kirchenlieder gesungen werden, da „erwachen“ sie, da tauchen vertraute Erinnerungen aus der Kindheit auf, da können alte Gesichter wieder erstrahlen wie das Gesicht eines Kindes am Gabentisch am Hl. Abend. Wenn zum Beispiel das bekannte „Segne du Maria“  gesungen wird, da können verbitterte und traurige Gesichter wieder leuchten.

Was mich sehr freut, dass der Träger und die Leitung des Stifts einen großen Wert auf die geistige Begeleitung der Bewohner legen. Das drückt sich auch dadurch aus, dass Frau Josephine Darchinger, als Altenpflegerin und Palliativ-Fachkraft,  im Hause eine Sonderbeauftragung hat, auf diesem religösen Gebiet mit mir zu wirken. Somit sind wir ein gut aufgestelltes Team.

 

 

Dr. Burkard Döpfner, Pastoralreferent und Seelsorger im Malteserstift in Percha und in der Marianne-Strauß-Klinik in Kempfenhausen